Das südwestlich von der Stadtzentrum Rom gelegene Gebiet Tor Vergata ist ein Konglomerat (conglomerate) verschiedener Interessensgruppen, unter anderem die Universität Roma II mit sechs Fakultäten. Das für die Schwimmweltmeisterschaft konzipierte Schwimm- und Basketballstadion wurde nach seinem Scheitern seit 2009 sich selbst überlassen.

Da die Bauruine nicht die einzige Problemstelle ist, denken wir über das gesamte Gebiet Tor Vergata nach. Um einen urbanen Raum mit identitätsstiftender Qualität zu schaffen, beinhaltet mein Vorschlag die

Erweiterung (expansion) und Weitererzählung der Universität (university) Roma II, geknüpft an den unmittelbaren Kontext (context).

Exkurs: Die Päpste in Rom, allen voran Papst Sixtus V prägten Rom mit städtebaulichen Interventionen. Das Vernetzen von Monumenten bzw. wichtigen Pilgerstätten wurde mit schnurgeraden Verbindungslinien und Obelisken praktiziert. Das Tor Vergata soll formell gesehen seine bedeutendsten Institutionen vernetzen und so zu einem Subzentrum Roms werden. Sechs strategisch bedeutende Themen wurden nachfolgend als Handlungsanweisung(guideline) für die Entwicklung auf diesem Areal erfasst.

Der Masterplan zeigt die Vernetzung durch ein Erschliessungssystem mit verschiedenen Hierarchiestufen. Es wird ein Feld zwischen der Universität und der Citta dello Sport aufgespannt. Mitunter wird mit einem Freiraumgerüst gearbeitet, um die Entwicklung und Verdichtung des Tor Vergata zu forcieren.

Die Universität Roma II wird nachverdichtet (redensification), zu einem urbanen Gefüge entwickelt und erhält südlich mit dem Erweiterungsbau Paesaggio Campus seine Vollendung. Dazwischen wird die Körnung der bestehenden Kleinhäusern erweitert und der dichte Landschaftsraum (landscape area) hält Einzug. Diese vom botanischen Garten ausgehenden Grünräume breiten sich nördlich sowie westlich aus, womit die Vela di Calatrava zum Gartenpavillon wird. Das Öffnen des Gebäudes zur Natur lässt den Campus Teil des Parks werden. Die Programmierung sieht mit dem Institut für Biologie sowie dem Institut für Agrarwissenschaften zwei Ableger der Universität Roma II vor.

Die introvertierte, geschlossene und monofunktionale Struktur der Stadionruine wird aufgebrochen und in die Landschaft überführt. Die radial angeordnete Struktur aus dem Bestandesbau dient als Grundlage dazu, drei Arme harmonisch in die Landschaft zu führen und sich mit dieser zu verschmelzen.

Das Ensemble besteht aus zwei Institutionellen Gebäudekomplexen (institutional building complexes) und einemWohnbau (housing), welche um einen gemeinsamen Campus-Hof angeordnet sind. Die zentral angeordnete Bibliothek (library) ist nicht nur räumliches sondern auch geistiges Zentrum. Der Hof wird zum Landschaftscampus.

Der vierzehnjährige Stahlbetonbau wir als Sockel und Fundament genutzt. Das Raumprogramm beinhaltet öffentliche Nutzungen wie Mensa, Bar, Shop und Markt und wird punktuell eingesetzt. Die übrigen Flächen lassen den Landschafsraum in den Innenhof fliessen und bieten einen gedeckten öffentlichen Raum. Über dem Sockel türmen sich Wandscheiben (wall) aus Travertinstein, welche das Gebäude in einzelne Sektoren einteilt und dieses rhythmisiert. Punktuelle Öffnungen der Schotten lassen die Universitätsgebäude komplett durchschreiten, um die Räumlichkeiten optimal zu nutzen. Zwischen die Schotten werden mit Holzbalken und Massivholzdecken Etagen eingebaut. Die Vielzahl unterschiedlicher Geometrien, Grössen und Höhen der Räume, lassen ein breites Raumprogramm zu, wodurch sich die Universität beliebig ausbreiten kann. Die Stirnseiten werden mit grossen Glasfronten versehen und durch Photovoltaik-Panels beschattet.

Die bestehende Stahlbetonstruktur wird statisch ertüchtigt (statically reinforced). Dazu wird die Struktur mit Wandscheiben und Fundamenten ergänzt, um den vertikalen Lastabtrag zu leisten. Zusätzlich werden die Travertin-Schotten vorgespannt (prestressed), um horizontale Kräfte aufzunehmen. Die Anordnung der Schotten gepaart mit der kontinuierlichen horizontalen Verbindung lassen die einzelnen Gebäudekomplexe bereits grösstenteils Aussteifen. Komplettiert wird die Tragfähigkeit mit dem Implementieren der Erschliessungskerne.

Die Materialisierung ist auf die römische Baukultur sowie auf die umliegenden Rohstoffe abgestimmt. Der Travertin stammt einerseits aus dem Steinbruch bei Villanova (20km) als auch aus rückgebautem Travertin, der sich in bestehenden Gebäuden befand. Das Massivholz sowie Holzwerkstoffe für die Balken, Decken und Fenster wird aus der Region Monte Cava (15km) abgebaut.

Nebst der Wahl nachhaltiger Materialien gilt das Credo des Selbstversorgers (self supporter) Die Fassaden und Dachflächen sind mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Die überschüssige Energie wird in den unterirdischen Eisspeicher eingespeisst. Dieser funktioniert als natürliche Batterie und versorgt den Campus. Der Eisspeicher liegt in den geplanten Schwimmbecken und kann mit wenig Aufwand erstellt werden.