Mara Huber
LATTICE

Die SBB Werkstätte an der Hohlstrasse in Zürich Altstetten ist eines der ehemaligen Industrieareale Zürichs. Die industrielle Vergangenheit prägt den Ausdruck sowie die Struktur der Bauten bis heute.
Ein Masterplan der Stadt Zürich bildet die Grundlage für die zukünftige Umnutzung und Erweiterung des Areals. Die Urbane Produktion steht dabei im Vordergrund und soll Kleinunternehmen und Start-Ups in einer interdisziplinären Umgebung den Nährboden zum Wachsen geben. Produktion und Konsum werden an einem Standort vereint.

Auch die ehemalige Reparaturwerkstatt der SBB, eine Werkhalle am westlichen Ende des Areals, soll von dieser Umstrukturierung profitieren. Die flächige Volumetrie der Werkhalle in den Dimensionen von 50 auf 80 Metern, ermöglicht eine dreigeschossige Aufstockung, auf eine Höhe von 23 Metern und integriert sich so in den umliegenden Kontext. Die Aufstockung ist als offene Hallenstruktur ausformuliert und greift den industriellen Charakter des Bestandes auf. Unternehmen im Bereich Repair können sich, unabhängig von ihrem Platzbedarf, für die Produktion, die Lagerung und den Verkauf ihrer Produkte einquartieren. Die informelle Aneignung ist ausdrücklich erwünscht.
Das aussenliegende Erschliessungssystem gewährt sowohl den Unternehmen als auch den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt Zugang zum Gebäude. Die öffentlichen Dachterrasse soll möglichst frei zugänglich sein und Platz für temporäre Bauten bieten.
Drei Lichthöfe im Inneren des Gebäudes und ein umlaufender Jardin d’Hiver, regulieren die natürliche Belichtung der Hallen. Als Gemeinschaftsfläche konzipiert dienen sie ausserdem der räumlichen Verbindung zwischen den Geschossen und dem Bestand.

Die Tragstruktur der Aufstockung funktioniert unabhängig von der Konstruktion des Bestandes, ist aber in ihrer Materialisierung darauf abgestimmt. Die sogenannte Lattice Stütze, eine mit Diagonalen ausgesteifte Viererstütze, wird durch feine Mikropfählungen im Inneren der Bestandshalle aufgestellt. Sie umgibt im Raster von 8 auf 9 Metern die Stahlstütze des Bestands. Die Lattice Stützen werden durch Stahlträger miteinander verbunden und können so als Gerüst zum Aufbau der weiteren Geschosse genutzt werden. Bewegliche Krane entlang der Träger ermöglichen das Verlegen der vorfabrizierten und standardisierten Beton-Hohlkörperelementen . Sämtliche Bauteile sind durch reversible Bauweisen miteinander verbunden, so dass im Falle eines Abbaus des Gebäudes, alle Bauteile wiederverwendet werden können.
Neben der Lastabtragung der Vertikal- und Horizontalkräfte, dient die Lattice Stütze der Versorgung der Obergeschosse mit Luft, Wasser und Strom. Im Zwischenraum der Viererstütze können die Leitungen verlegt werden, so dass die komplett freie Nutzung der Hallen nicht eingeschränkt wird.

Im Osten und Westen kragt der umlaufende Jardin d‘Hiver zusammen mit den Erschliessungskernen aus. Sie werden durch eine filigrane Stahlkonstruktion auf dem Dach aufgehängt. Die innere Tragstruktur wird so mit einer additiven Äusseren verbunden.

Photovoltaik-Segel auf dem Dach richten sich effizient der Sonne entgegen aus und versorgen das Gebäude mit nachhaltiger Energie.

Die Leichtigkeit und Flexibilität der inneren Struktur wird durch eine leichte Fassadenstruktur auch im äusseren Ausdruck des Gebäudes widerspiegelt. Faltbare Elemente aus gewelltem PET-G schützen das Gebäude vor der Witterung. Dazu ermöglichen sie die Nutzung des Jardin d’Hiver als energetische Pufferzone zwischen Innen- und Aussenraum. Dabei entsteht ein temperierter Aussenbereich der sowohl als Aufenthalts- und Erschliessungsraum als auch als Treibhaus für Pflanzen dient.
Die transluzente Hülle bildet einen Kontrast zum massiven Backsteinsockel des Bestandes und betont den nächsten Schritt in der Geschichte der ehemaligen SBB Reparaturwerkstatt.