SCHAUWERK

Erweiterung des Zürcher Engrosmarkts

Der Zürcher Engrosmarkt ist Teil des Herdern-Areals an der Pfingstweidstrasse. Der um 1980 durch Marti + Kast + Partner errichtete Bau ist ein überregional wichtiger Umschlagplatz für Frischprodukte und befindet sich auf einer der der letzten Logistik- und Industrieflächen in Zürich West.[1] Obwohl dieser Stadtteil mit Betrieben wie der Escher Wyss AG ehemals ein wichtiges Zentrum der Zürcher Industrialisierung war, verschwindet seit der Deindustrialisierung das produzierende Gewerbe immer mehr aus der Umgebung.[2] Hohe Mieten für Gewerbeflächen und der finanzstarke Dienstleistungssektor könnten mögliche Gründe sein für diesen Rückgang.[3]

Im vorliegenden Projekt soll auf dem Areal des Engrosmarkts ein Zentrum urbaner Produktion erstellt werden, um die Branchenvielfalt des Stadtteils zu erhalten und zu fördern sowie Jungunternehmern eine Fläche zu bieten, um innovative und nachhaltige Produktion nahe am Konsumenten zu betreiben. Das Konzept dieser Arbeit ist, eine neue Art Warenhaus zu erstellen, in dem die Produzenten ihre Ware sowohl produzieren wie auch verkaufen können. So können einerseits die Margen niedrig gehalten werden, andererseits wird durch Parallelnutzungen wie Food Festivals, Konzerte, Führungen und Rampenverkäufe die Öffentlichkeitswirkung gesteigert. Inspiriert wurde dieses Prinzip durch die frühe Warenhausarchitektur sowie deren Vorgängerinnen, den Passagen, in denen Attraktionen wie Theater oder Panoramen genutzt wurden, um Publikum anzulocken.[4]

Bei der Intervention handelt es sich grundsätzlich um eine Aufstockung des Engrosmarkts mit einer vierstöckigen Holzkonstruktion, in der Produktionshallen, Ateliers, flexibel nutzbare Flächen, Gemeinschaftsbüros sowie Kleinwohnungen für Künstler und Lastwagenfahrer untergebracht werden. Damit wird das Potential des Bestands ideal ausgenutzt, da der Betontisch des Engrosmarkts bereits ursprünglich für eine Aufstockung mit Hochbauten dimensioniert worden war.[5] In der Mitte dieses Baus befindet sich ein grosser Erschliessungsraum, der sich in seiner vertikalen Ausrichtung mit seitlichen Galerien typologisch an die Architektur der Passagen des 19. Jahrhunderts anlehnt und – ähnlich wie die Lichthöfe der frühen Warenhäuser – mit einem grosszügigen Oblicht die innere Belichtung des ca. 60 Meter tiefen Volumens ermöglicht.

Konstruktiv werden in der Aufstockung die Betonstützen des Bestands in hölzerne Viererstützen übersetzt, die raumhaltig werden bzw. in denen die Leitungsführung erfolgt. Umhüllt wird der Bau von einer Polycarbonat-Fassade, die teilweise öffenbar ist und den Blick von aussen auf die Produktion freigibt. Zwischen der Hülle und den Produktionsräumen befindet sich entlang der Fassade und auf dem Dach eine klimatische Pufferzone, deren Flächen durch die Betriebe gemeinschaftlich genutzt werden können.

Entlang der Pfingstweidstrasse befindet sich ein zweites Volumen anstelle des ehemaligen Produzentenmarkts, das durch die Betriebe als «Schaufenster» genutzt werden kann: Hier befinden sich die Verkaufsläden der Produzenten sowie Büros, ein Restaurant mit Bar und eine Markthalle. Auch bei diesem Volumen handelt es sich um einen Holz-Skelett-Bau mit Polycarbonatfassade, wobei die ursprüngliche Dachkonstruktion des Produzentenmarkts im MERO-System als Dach des Neubaus wiederverwendet wird.

Zwischen dem «Schaufenster» und dem Produktionshallen-Bau befinden sich durch Brücken überspannte Höfe, die einerseits in der Nacht weiterhin für die Logistik des Engrosmarkts verwendet werden können, andererseits durch den Tag und am Abend auch öffentlichen Nutzungen wie Food Festivals, Wochenmärkten oder Open-Air-Kinos zugänglich gemacht werden. Begünstigt wird diese Nutzung durch die Nähe des geplanten Hardturmstadions, das nach seiner Vollendung zusätzlich Publikum generieren wird.


[1] Vgl. Kast 1983, S. 609.

[2] Vgl. «Industrie und Gewerbe» 2021.

[3] Vgl. Hotz 2019.

[4] Vgl. Geist 1978, S. 28.

[5] Vgl. Kast, S. 618.